Overdrive beleuchtet die immer stärkeren Auswirkungen globaler, urbaner Entwicklungen auf eine Stadt mit einer einzigartigen Geschichte: Über viele Jahrhunderte hinweg, in byzantinischer wie auch in ottomanischer Zeit, repräsentierte Istanbul das Zentrum des gesamten Reiches. Die blühende Stadt lebte von den Ressourcen aus dem Umland und von ihrem Status als Hauptstadt, bis 1923 Ankara zur Hauptstadt der jungen türkischen Republik erklärt wurde. Overdrive ist eine Liebeserklärung an Istanbul und eine kritische Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen Stadtentwicklungsproblemen, denen sich die pulsierende Metropole am Bosporus gegenüber sieht.
Overdrive thematisiert die Schwierigkeiten Istanbuls, dem rasanten Bevölkerungswachstum zu begegnen und beleuchtet die schwerwiegenden Auswirkungen einer auf motorisierten Individualverkehr ausgerichteten Politik und Stadtentwicklung, die Istanbul in den letzten fünf Jahrzehnten geprägt hat. Innerhalb der letzten 50 Jahre stieg die Einwohnerzahl Istanbuls auf über 14 Millionen – mit gravierenden und weitreichenden Auswirkungen auf das Stadtgefüge. Istanbul mutierte von einer Stadt der schmalen Gassen, eingebettet in grünes Umland zu einer ausufernden Megalopolis, die im täglichen Verkehrschaos zu ersticken droht. Die filmische Dokumentation von Aslihan Unaldi bietet Anknüpfungspunkte und Hintergrundinformation zum aktuellen sozialen und politischen Aufbegehren und den anhaltenden Demonstrationen in der Türkei.
Overdrive beschreibt am Beispiel Istanbuls Herausforderungen, mit denen Städte weltweit konfrontiert sind. Der Film erkundet Lösungsansätze, die sowohl die Lebensqualität verbessern, wie auch negative Auswirkungen auf das kulturelle und soziale Gefüge der Stadt, das Stadtbild und die Umwelt abmildern könnten. In Interviews kommen BewohnerInnen zu Wort, die bei der Suche nach Antworten auf ihre eigenen Erfahrungen und ihre Expertise in den Bereichen Stadtplanung, Geschichte, Architektur und Ökologie zurückgreifen, sowie die drastischen Auswirkung des urbanen Alltags in Istanbul auf ihr Leben beschreiben. Denn eine Frage bleibt für die rastlose Megalopolis bestehen: Wird es Istanbul gelingen, sich ein weiteres Mal neu zu erfinden oder wird die Stadt dem unkontrollierten Wachstum unterliegen?
Im Anschluss Filmgespräch mit Regisseurin Aslihan Unaldi und Betül Bretschneider.
Aslihan Unaldi ist als Autorin, Regisseurin und Produzentin in New York und Istanbul tätig. Sie absovierte ihren Bachelor in Internationalen Beziehungen und Fotografie an der Yale University und ihren Master im Bereich Film an der New York University’s Tisch School of Arts. Ihr preisgekrönter Kurzfilm Razan feierte beim Rotterdam Film Festival Premiere und wurde seither bei zahlreichen Filmfestivals weltweit gezeigt. Overdrive, Aslihans erster Dokumentarfilm, feierte seine Premiere auf dem Istanbul Film Festival und reist seither um die Welt mit Screenings in New York, Mexico City, São Paolo und Brüssel.
Betül Bretschneider ist Architektin, Stadtforscherin und Publizistin. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Stadttransformation und Nachhaltigkeit in der Planung.