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Seit kurzem weht ein frischer Wind durch die ehemalige Wohnung von Margarete Schütte-Lihotzky, der diese bedeutende österreichische Architektin sicher erfreuen würde. Frisch saniert und rekonstruiert soll der Ort, neben seiner Funktion als Schauraum, ein Zentrum für die Forschung zur Geschichte österreichischer Architektinnen werden.

Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000) war eine Pionierin: Sie übte als eine der ersten Frauen in Österreich den Beruf der Architektin aus. Ihr großes soziales und gesellschaftspolitisches Engagement spiegelte sich in ihren Bauaufgaben wider: Sie machte sich für die aus der Wohnungsnot entstandene Siedler:innenbewegung stark, arbeitete an Gemeindebauten, entwarf Möbel, später auch Schulen und Kindergärten. Bereits Ende der 1920er Jahre konzipierte sie Wohnungen für alleinstehende, berufstätige Frauen. Besonders bekannt wurde sie in diesem Zusammenhang mit der funktionalen „Frankfurter Küche“, der Vorform der Einbauküche. Ihre fortschrittlichen Wohnkonzepte entwickelte Schütte-Lihotzky in den 1950er und 1960er Jahren weiter und ließ sie auch in ihre eigene Wohnung einfließen.

Die rund 55 Quadratmeter große Wohnung mit Dachgarten in der Franzensgasse 16 in Wien Margareten, in der die Architektin ihre letzten 30 Lebensjahre verbrachte, wurde nun weitgehend in ihren Original-Zustand versetzt. Besonders wichtig dabei ist das neue Nutzungskonzept: „Wir schaffen neben der musealen Aufbereitung der Wohnung einen Ort der Forschung, der allgemein zugänglich ist,“ so Architektin Christine Zwingl vom Margarete Schütte-Lihotzky Club (MSL Club). Der Club wurde 2013 als Trägerverein für die gesamten Tätigkeitsbereiche wie Nutzung, Forschung und Betrieb als unabhängiger Verein gegründet und baut auf öffentliche Förderungen, Spenden und Mitgliedsbeiträge.

Mit der Renovierung und Rekonstruktion der Ausstattung, bei der das Bundesdenkmalamt und die Stadt Wien unterstützten, wurde versucht, die Atmosphäre von damals einzufangen. Die Architektin Renate Allmayer-Beck, ebenfalls vom MSL Club, beschreibt die Stimmung: „Gleich beim Betreten der Wohnung taucht für uns das Gefühl auf, in die 1980er Jahre zurückversetzt zu werden, als Margarete Schütte-Lihotzky hier noch lebte.“

Die Schräge in der Schlafkoje mit dem kirgisischen Wandbehang, restauriert von Kunstsammlung und Archiv der Universität für angewandte Kunst, die originalgetreuen Leuchten und die Möbelnachbauten und Einzelstücke aus ihrem Nachlass verleihen den Räumen Authentizität. Der Dachgarten war für Schütte-Lihotzky ein besonders wichtiger Ort, wo sie ihre Naturverbundenheit mit ihrem urbanen Lebensstil in Einklang brachte. Dieser Außenraum wird nun mit originalgetreuen, neu gefertigten Markisen sowie Sträuchern und Blumen belebt.

Der Besuch des neuen MSL Zentrums soll ermöglichen, „die Qualität der Räume und ihrer Ausstattung als Gesamterlebnis zu spüren,“ führt Christine Zwingl die Konzeptidee aus. Der Ort erinnert aber auch daran, dass neben Schütte-Lihotzky viele weitere Architektinnen seit rund 100 Jahren in dem Beruf tätig sind. Das dort durchgeführte Forschungsprojekt „Architektur Pionierinnen in Wien“ wird daher auch „Raum geben, um die Leistungen dieser Frauen sichtbar zu machen“, so Architektin Zwingl. 

Weitere Infos zum Forschungsprojekt: architekturpionierinnen.at
Margarete Schütte Lihotzky Zentrum

Fotos: ©bettina frenzel

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