
Hybrid ist ein Wort der Stunde und Wörter hat Herta Müller immer schon kunstvoll zusammen gestellt, aktuell zu sehen in einer hybriden Schau im Bank Austria Kunstforum – will heißen alles online und wenn geht auch analog. „wenn man spricht ist immer jetzt – sonst nicht“, das ist der Titel der ersten Einzelausstellung von Herta Müller in Österreich. Mit ihren Wort-Bild-Collagen greift sie Methoden der konkreten Poesie auf und erweitert diese zu einer neuen Form der Lyrik.
„Denn niemand hat eine eigene Sprache, auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller nicht. Es gibt nur die Wörter, die es gibt, die hat jeder, und aus diesen Wörtern, wenn man sie so zusammensetzt, wie sie noch nie waren, entsteht Poesie. Das ist eigentlich die Ästhetik“, sagt Herta Müller.

Seit über dreißig Jahren widmet sich Müller der künstlerischen Praxis poetischer Collagen, die sie aus Zeitungs- und Magazinausschnitten sowie Bildern arrangiert. Die ersten Collagen entstanden 1989 als Postkarten, die sie auf Reisen an Freunde und Bekannte verschickte. Die Künstlerin entwickelte seither den Prozess des Collagierens kontinuierlich weiter und ist ihrem Papierformat treu geblieben. Sie lässt sich von gefundenen Worten leiten und verbindet ihre einzigartige Sprache mit der jeweiligen Typografie wie auch mit Papierfärbungen und -mustern. Je nach Länge und Inhalt dauert die Arbeit an den Collagen mehrere Tage oder auch Wochen.
Hunderttausende Wörter hat Müller katalogisiert und in Kästen und Schubladen geordnet. Aus intuitiven Assoziationen und grafischer Anordnung entstanden, bilden Müllers Wort-Bilder ein eigenständiges Genre innerhalb ihrer Arbeit – ihr letzter Roman „Atemschaukel“ erschien 2009. Das Anordnen und Fixieren der einzelnen Wortteile und Wörter ist für die Literaturnobelpreisträgerin eine Art zu schreiben, die dem Wort als Bedeutungsträger und Bild gleichermaßen Rechnung trägt.
„wenn man spricht ist immer jetzt – sonst nicht“ 09.12.2020 – 07.03.2021 Bank Austria Kunstforum
Abb.:
HertaMüller, wenn man spricht ist immer jetzt – sonst nicht, 2019 ©HertaMüller, Fotograf: JörgvonBruchhausen–Stahnsdorf/Berlin
Porträt von Herta Müller, 2015 © Stephanie von Becker