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Man kann alles verwenden, was man verwenden kann“, proklamierte Josef Frank, einer der bedeutendsten österreichischen Architekten und Entwerfer der Moderne, und war mit diesem undogmatischen, anti-formalistischen Gestaltungsansatz seiner Zeit weit voraus. Mehr und mehr gilt Franks Architekturverständnis, das Gebrauchszweck und Komfort über formale Vorgaben stellte, als richtungsweisend. Die Ausstellung JOSEF FRANK: Against Design gibt einen umfassenden Überblick über das vielschichtige OEuvre des Architekten und Gestalters und ist dabei weit mehr als eine Werkschau. Die MAK-Personale taucht in Franks komplexe gedankliche und schöpferische Strate-gien ein, die heute wieder von großer Aktualität sind.

Der Ausstellungstitel Against Design bringt eine undogmatische Haltung auf den Punkt: Frank, der sich als Architekt mit allen Themen des Bauens und Wohnens

auseinandersetzte, war auch als „Designer“ hochproduktiv und entwarf eine Fülle von Möbeln und Textilien. Innerhalb der internationalen Avantgarde nahm er allerdings eine äußerst kritische Position ein. Er sprach sich klar gegen die Idee des Gesamtkunstwerks, standardisierte Garnituren und innovative Formen um ihrer selbst willen aus. Weder den individuell-künstlerischen Ansätzen der Wiener Werkstätte noch der funktional maschinellen Produktion – etwa im Gefolge des Bauhauses – konnte er viel abgewinnen. Frank bemühte sich um eine sozial und kulturkritisch motivierte Zweckdienlichkeit, um Wohlbefinden, Wohnlichkeit und stilistische Vielfältigkeit.

Trotz Josef Franks Relevanz als prägender Gestalter der Moderne ist sein Werk bis heute wenig bekannt. Der 1885 in Baden bei Wien geborene Frank entstammte einer jüdischen Familie und studierte Architektur an der k. k. Technischen Hochschule in Wien. Der zunehmende Antisemitismus veranlasste ihn schon im Jahr 1933 zur Emig-ration nach Schweden, wo er 1939 die Staatsbürgerschaft annahm. Während seiner Zeit in Schweden war Frank dem Möbel- und Einrichtungshaus Svenskt Tenn als wichtigster Designer eng verbunden. Von 1942 bis 1946 lebte Frank in den USA, wo er an der renommierten New School of Social Research in New York unterrichtete. Seine Hoffnungen, als Architekt Fuß zu fassen und sich eventuell in die Stadtplanung involvieren zu können, wurden allerdings enttäuscht. Nicht zuletzt mit seinen vielfach noch heute produzierten Entwürfen für Svenskt Tenn prägte Frank, der 1967 in Stockholm ver-starb, das schwedische Design der Nachkriegszeit.

Die von dem Architekten Hermann Czech und Sebastian Hackenschmidt, Kustode MAK-Sammlung Möbel und Holzarbeiten, kuratierte Ausstellung JOSEF FRANK: Against Design spannt einen Bogen von der Entwicklung von Franks architektonischem Werk über seine Interieurs und Möbelentwürfe bis hin zu seinen theoretischen Positionen.

A2750 11Der Architekt Josef Frank

Als Architekt engagierte sich Frank schon früh für den sozialen Wohnbau und die Er-richtung von Arbeitersiedlungen. Den Siedlungsgedanken zog er mehrgeschossigen Wohnblöcken eindeutig vor. Dennoch reichen seine Bauten von Einfamilienhäusern mit Garten über Villen bis hin zum sozialen Wohnbau. Zwischen 1929 und 1931 entstand das Haus Beer, das neben dem Haus Moller von Adolf Loos als einer der bedeutendsten Wiener Bauten im Bereich des privaten Wohnbaus der 1920er Jahre gilt. 1932 wurde unter Franks Leitung die berühmte Wiener Werkbundsiedlung errichtet, ein gebauter Beitrag zur Debatte über das befreite Wohnen der Moderne. Frank lud dazu u. a. die ArchitektInnen Hugo Häring, Josef Hoffmann, Adolf Loos, Richard Neutra, Ernst Plischke, Gerrit Rietveld, Margarete Schütte-Lihotzky und Oskar Strnad ein. Die bis heute bewohnte Siedlung im 13. Wiener Gemeindebezirk entstand unter der Prä-misse höchster Ökonomie nach dem Beispiel der 1927 errichteten StuttgarterWeißenhofsiedlung. Franks dezidierte Auswahl von ArchitektInnen, die in Stuttgart nicht beteiligt waren, weist indes auf seine Skepsis gegenüber Doktrinen und auf seinen Glauben an Vielfalt hin.

Franks komplexe und kritische Haltung zu den Möglichkeiten von Architektur und Bauen wird in der Ausstellung vergleichbaren Ansätzen anderer ArchitektInnen, KünstlerInnen und DesignerInnen gegenübergestellt. Die Kontextualisierung beginnt mit dem Renaissance-Architekten Leon Battista Alberti – Franks Dissertationsthema – und setzt sich beispielsweise mit Adolf Loos, Josef Hoffmann, Hugh Baillie Scott, Mies van der Rohe, Hugo Häring, Alison und Peter Smithson, Robert Venturi, Christopher Alexander und Rem Koolhaas fort: also durchaus auch mit zunächst widersprüchlich erscheinenden Positionen. Diese Vergleiche verstehen sich meist nicht als Hinweise auf wechselseitige Einflüsse; vielmehr geht es um die Einordnung der Bedeutung von Franks OEuvre im internationalen Vergleich.

Wohnen im Sinne von Josef Frank

Etwa 70 Wohnungseinrichtungen von Josef Frank sind bekannt: Als Gestalter von Innenräumen vertrat Frank einen pragmatischen Designansatz und plädierte für eine normale – aber keinesfalls normative – Architektur und Gestaltung. Bereits Vorhandenes sollte dabei ganz selbstverständlich berücksichtigt und intuitiv für den Gebrauch weiterentwickelt werden. Die Wohnung verstand er nicht als Designobjekt, sondern als Wohnraum, der nicht unbedingt repräsentativ oder innovativ sein musste. Gerade heute, angesichts des zunehmenden Rufs nach Nachhaltigkeit, scheinen Josef Franks ungekünstelte und unprätentiöse Entwürfe, die auf eine eigenständige freie, aufgeklärte soziale und bürgerliche Lebenskultur jenseits stilistischer Dogmen und modischer Konventionen abzielten, aktueller denn je.

Anlässlich der Ausstellung ist es dem MAK gelungen, fast den gesamten noch existie-renden Bestand aus Josef Franks erstem Interieur – der 1910 entstandenen Wohnung Tedesko in Wien – zu erwerben. Im Vergleich zu späteren Arbeiten lässt diese frühe Einrichtung bereits Franks charakteristischen, undogmatischen Stil erkennen, der in der Zwischenkriegszeit die Wiener Wohnkultur mitprägte und auch für Franks Zeit in Schweden noch seine Gültigkeit behalten sollte.

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Against Design

Für sein Wiener Einrichtungsunternehmen Haus & Garten, das er 1925 mit Oskar Wlach gründete, und später für das schwedische Möbel- und Einrichtungshaus Svenskt Tenn entwarf Frank weit über 1 000 Einzelmöbel und rund 200 Stoffmuster, von de-nen viele bis heute fortlaufend produziert werden. Dennoch ging es Frank nicht einfach darum, neue Formen in die Welt zu setzen, sondern ihm war vor allem das komplexe Zusammenspiel moderner und historischer Ansätze abseits von herrschenden „Design-diskursen“, die immer wieder zu Doktrinen führen, wichtig. Als Theoretiker forderte Frank ein, auch Kitsch, Trivialität und Alltagskultur zuzulassen, was ihn als Vorläufer von Architekten wie Robert Venturi oder Rem Koolhaas und als pragmatischen Gegen-pol zu den formalistischen Ansätzen des Internationalen Stils erscheinen lässt. In Franks Idee der „Wohlfühl-Wohnung“ waren auch die Spuren des Erlebten wesentli-che, willkommene Komponenten der individuellen Einrichtung.

Als Gestalter ebenso wie als Architekt vertrat Frank eine kulturkritisch orientierte, bürgerliche Zweckdienlichkeit. Im Unterschied zu dogmatisch-erzieherischen Tenden-zen des Bauhauses und der Werkbünde intendierte Josef Frank nicht, eine zukünftige Welt vorzubereiten und anzukündigen. Frank prägte den Begriff des Akzidentismus und regte dazu an, die Umgebung so zu gestalten, als wäre sie durch Zufall entstanden. Als Pionier einer aufklärerisch verstandenen Postmoderne trat er vehement für das Normale und Natürliche, das Sachliche und Spontane ein, das für ihn einen zwar un-spektakulären, aber durchaus überzeugenden, von der Qualität des Zufalls geprägten Gestaltungsansatz darstellte.

Franks Werkgruppen – Möbel, Zeichnungen, Pläne und Textilien – werden in Against Design weitgehend im Original gezeigt und durch zeitgenössische Fotografien und Architekturmodelle ergänzt. Die Vergleiche zu anderen ArchitektInnen werden vor allem durch Reproduktionen visualisiert. Im Zusammenhang mit Franks Weiterent-wicklung des Loos’schen Raumplans – Das Haus als Weg und Platz ist der Titel einer Schrift Franks – wird in der MAK-Ausstellungshalle eine Empore installiert, die eine dreidimensionale Erfahrung und den Blick von oben erlaubt.

PRESSETEXT MAK

JOSEF FRANK: Against Design Museum für Angewandte Kunsthttp://www.mak.at/jart/prj3/mak/main.jart?content-id=1343388632770&rel=de&article_id=1419779770297&event_id=1421423928998&reserve-mode=active

 

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