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Foto: Bruno Klomfar

Stallarbeit für Fortgeschrittene. ‚Toleranz und Offenheit gegenüber Neuem bei gleichzeitiger Besinnung auf bäuerliche Kultur und Tradition’, das ist einer der Leitsätze, die sich die landwirtschaftliche Schule Hohenems auf die Fahnen geheftet hat. Und was das Bauen anbelangt, geht das Bildungszentrum am Rheinhof selber mit bestem Beispiel voran. Im Schulstall bei Stallarbeit und praktischem Unterricht erfahren die späteren Landwirte und Landwirtinnen, wie sich jenseits von Fertigteillösungen aus dem Katalog modern, tiergerecht und nutzerfreundlich bauen lässt, ohne Aspekte der Nachhaltigkeit und Regionalität außer Acht zu lassen.

Für gutes Bauen auch in der Landwirtschaft ist Vorarlberg grundsätzlich ein guter Boden. Und bei öffentlichen Bauten steht ohnehin immer die Einbindung von Architekten an. Als daher im Jahr 2005 das Stallgebäude am Rheinhof einem Brand zum Opfer fiel und für die dringende Fortsetzung des Unterrichts eine rascher Neubau gefragt war, lag es nahe den Architekten, der bereits beim Schulgebäude mitgewirkt hatte, zu beauftragen. Stall- und Tierzuchtexperten von Schule und Behörde erarbeiteten ein Funktionskonzept, das eine optimierte Arbeitswirtschaft im Freilaufstall ermöglicht. Gerade Futterachsen und befahrbare Erschließungswege etwa waren Bedingungen, die der Architekt mit einem Lehr-Stall im wahrsten Sinne des Wortes umsetzte. Ein Baubeispiel, das hoffentlich Schule macht. Große Stallgebäude prägen wie kaum eine andere Bauaufgabe das Landschaftsbild – eine verantwortungsvolle Gestaltung will gelernt sein.

Ein Satteldach käme jedenfalls nicht in Frage, erinnert sich der Stallverwalter Christian Winklehner an eine der ersten Aussagen des Architekten, der eine ungewöhnliche Lösung zur Vermeidung großer Firsthöhe fand. Dabei kam ihm seine Herkunft zugute. Hermann Kaufmann, ein wichtiger Vertreter der modernen Vorarlberger Holzbaukunst, war als Sohn einer alten Zimmermannsfamilie von klein auf vom Holz fasziniert und nützte das erlernte handwerkliche Denken als Rüstzeug für seine Tragwerksentwürfe.

Foto: Bruno Klomfar

46 mal 30 Meter misst der Freilaufstall, 110 Rinder haben darin Platz. Anstelle des oft überdimensionierten Satteldachs einer Fertigteilhalle wendet Kaufmann eine Bauform an, die aus dem Kirchenbau bekannt ist. Wie in einer Basilika erhöht er den Mittelteil des Gebäudes und erhält so zusätzliche Fensterbänder, die zur Belichtung und Belüftung dienen. Die Öffnungen sind nicht verglast, können aber je nach Witterungsbedingung mit Rollos geschlossen werden. Frische Luft kommt auch durch die offenen Fugen der senkrechten Holzschalung. Diese wie auch die gesamte offene Konstruktion, sämtliche Türen und Tore sind in heimischen Hölzern ausgeführt. Aber nicht nur das. Auch auf Leimholz wurde aus ökologischen Gründen komplett verzichtet. Um die benötigte Konstruktionsstärke zu erreichen, werden die Massivholzprofile die in beste Zimmermannstradition zusammengesetzt und verschraubt.

Erscheint in der Serie Architektur & Landwirtschaft

Stallarbeit für Fortgeschrittene
Bauern Zeitung, 31. März 2014 . Die Onlineplattform für den Ländlichen Raum

Architektur Hermann Kaufmann

Fotografie Bruno Klomfar

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