Sommerfrische und NS-Vergangenheit. Wie das zusammengeht, hat die Eröffnung des von Florian Pumhösl gestalteten Mahnmals in Lunz am See gezeigt. Es geht um die Bedrohung der Meinungsfreiheit, historisch wie aktuell. Konkret um die vielfältigen Indoktrinierungsmaßnahmen des NS-Regimes insbesonder jene der Jugendlichen, für die an der Stelle des heutigen WasserClusters 1942 ein Gaujugendheim errichtet worden war.
Als Symbol für die moralische Wahlmöglichkeit auch unter schwierigsten Bedingungen nimmt Pumhösl den Stimmzettel her, der im Jahr 1938 über die Eingliederug ins Deutsche Reich entscheiden sollte. Nur ein Lunzer hatte es damals gewagt, das Nein zu wählen, auch diesem Wilhelm Mathes wird hier gedacht. Wie übel diesem einen Mutigen mitgespielt worden war vom Spießrutenlauf, Gemeindekotter bis zum Einsatz an der Ostfront, erzählte in bewegenden Worten der ebenfalls mit Lunz engverbundene Hans Kupelwieser, um dessen ‘Onkel Willi’ es sich dabei handelte.
Zur künstlerischen Anwendung kommt sinnigerweise die Sgraffito-Technik, die in der Gegend die schönsten historischen Blüten zeitigt, nur wird hier minimalistisch ein großer Kreis für das Ja und ein kleiner Kreis für das Nein in den Putz gekratzt, die Worte in Fraktur gesetzt als einziger Hinweis auf den so weitreichenden politischen Hintergrund. Ein Hintergrund, der in Zusammenarbeit mit den Historiker*innen Johanna Zechner und Christian Rabl beleuchtet wurde, die mit ihrem Vernetzungs-Projekt Zwischenräume die Erinnerung an Widerstand und Verfolgung in Niederösterreich während der Zeit des Nationalsozialismus zugänglich halten.
Florian Pumhösl, Lunz am See Kunst im Öffentlichen Raum Niederösterreich
Zwischenräume Topographie der Erinnerung
FOLDER zum Mahnmal, KÖR Niederösterreich
Abbildungen:
FLORIAN PUMHöSL, Mahnmal, Lunz am See, 2020, © Joanna Pianka
Jungen eines der Lunzer Lager der erweiterten Kinderlandverschickung (KLV) vor der Pfarrkirche. Fotoalbum Gerd Matthiae, 1943. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
Gebäude, das Ende der 1930er-Jahre als „Gaujugendheim“ errichtet und ab den 1970er Jahren zum WasserCluster erweitert wurde. Postkarte nach 1945, Archiv Wassercluster Lunz