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Nach Doora kommt Chará. Kris Lemsalu, farbenfrohe estnische Ausnahmekünstlerin mit Homebase in Tallin und Spielbein in Wien hat für die Kunst im öffentlichen Raum am Wiener Graben ein Skulptur aufgestellt, die dem Luxus-Bling-Bling wie dem barocken Überschwang dieser innerstädtischen Flaniermeile Paroli bieten kann.


Ursprünglich inspiriert von einem Rentier-Kiefer, das sie beim Waldspaziergang entdeckt hatte, entstand aus dem vielfältigen Formenspiel das Bild eines Herzens, einer Vagina, eines Portals. Über zwei skulpturale Zwischenstufen kleineren Formats, wo Don Quijotes Geliebte Dulcinea und Demeters Hofnärrin Baubo Namensgeberinnnen sein durften – um mythologische und legendäre Assoziationen ist die Künstlerin nie verlegen – nun also in der dritten Version die Vagina als Portal des Geborenwerdens, des Durchschreitens neuer Lebensphasen, was schon bei Lemsalus Beitrag für den Estnischen Pavillon bei der Biennale in Venedig eine zentrale Rolle spielte.

Ein Tor stellte auch schon die Doora am Melker Hafenspitz dar, Lemsalus erste Arbeit für den öffentlichen Raum, die, letztes Jahr von KÖRNÖ realisiert, auch schon die Gemüter bewegte und mit Flügeln und Flossen zum Selfie-Hotspot mutierte. Ähnlich in der Wiener Innenstadt, wo allerdings auch Oligarch:innen um das Wohl ihrer Kinder fürchten… soll ihnen möglichst nichts Schlimmeres zustoßen, und für’s Erste müssen sie halt die Augen zumachen, ist ja auch nur eine temporäre Installation. Wobei die Vulva Dentata mit schriller Farbe und naiver Herzform eher Anleihen aus der Populärkultur nimmt als gar so pornographisch daher zu kommen. Der Name Chará (χαρά) jedenfalls ist das altgriechische Wort für Freude, die Lemsalu in der Gesellschaft vernachlässigt und durch die Technik untergraben sieht. Mit ihrem Portal will sie Lebensfreude und Fröhlichkeit als essentielle Lebenspraxis vermitteln, die den Weg zu Glück und unbefangener Lust öffnen kann.

CHARA KÖRWIEN
DOORA KOERNOE
Fotos: Iris Ranzinger, Joanna Pianka

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